Die internationale Freundschaft, die zur Teilnahme des Landschaftspflegeverbands Neumarkt i.d.OPf. an einem zeitgenössischen europäischen Kunstprojekt führte, entstand bereits 2016: Im Rahmen eines internationalen Austauschprogramms des Deutschen Verbands für Landschaftspflege (DVL) und des Umweltbundesamtes beteiligte sich der Landschaftspflegeverband Neumarkt an einem Austauschprojekt mit Rumänien. Ziel des Projektes war der Aufbau von Landschaftspflegeverbänden nach deutschem Vorbild auch in Rumänien. „Ich freue mich sehr, dass damals eine so intensive und langfristige Bindung entstanden ist, dass wir jetzt in diesem spannenden Projekt erneut zusammenarbeiten“, betont Werner Thumann, der Geschäftsführer des Landschaftpflegeverbands Neumarkt i.d.OPf. e.V.
Ziel des von der Europäischen Union geförderten Projekts „BarnCulture“ ist es, zu einem qualitativ hochwertigen Bauerbe in den ländlichen Gebieten Europas beizutragen. Der Wandel in der Landwirtschaft führte in den vergangenen Jahrzehnten zu einem enormen Funktionsverlust der traditionellen landwirtschaftlichen Baukultur. Ländliche Baudenkmäler und Scheunen verfallen und verschwinden und damit oft auch regionaltyptische Handwerkstechniken. In diesem scheinbar unaufhaltsamen Prozess können Kunst und Architektur jedoch mitreden, auf das Problem aufmerksam machen, Werte hervorheben und in ein neues Licht rücken. Im Rahmen des Projekts „BarnCulture“ sollen in Zusammenarbeit von Künstler*innen und Architekt*innen aus Siebenbürgen (Rumänien), Ungarn und Deutschland alternative Lösungsansätze zum Erhalt der Bau- und Materialkultur traditioneller Scheunen aufgezeigt werden.
Noch bis zum 2. Juni sind die Projektpartner, der Agrar-KulturNatur-Verein Siebenbürgen (Rumäninen) sowie die Volksakademie der Künste des Karpatenbeckens (Ungarn) zu einem Studienaufenthalt in Neumarkt. „Unser ländlicher Raum hat bereits einige Projekte mit Vorbildcharakter zu bieten, aber auch bei uns besteht noch viel Potenzial, alte Scheunen aus dem Dornröschenschlaf zu wecken, um sie zu erhalten, aufzuwerten und wiederzubeleben“ betont Landrat und Vorstandsvorsitzender Willibald Gailler. „Ich bin gespannt, wie sich dieses kreative Projekt entwickelt.“
Ein Beispiel für eine erfolgreiche Umsetzung ist das Anwesen der Familie Sturm in Rödelberg: Die 1829 erbaute denkmalgeschützte Hofanlage, die einst als Vorspannstation, Tavernenwirtschaft und Bauernhof diente, wird in einem Mammutprojekt gemeinsam mit dem Denkmalschutz, mit dem Architekturbüro Berschneider + Berschneider, Handwerkern und viel Eigenleistung nachhaltig, behutsam und modern saniert und in den „Rosshof Neuwert“ verwandelt. Die Besichtigung des Anwesens, durch welches das Besitzerehepaar sowie Christian Rein, Geschäftsführer im Architekturbüro Berschneider führten, ist ein Programmpunkt des Aufenthalts der Projektpartner bei uns in Neumarkt. Besichtigt wurde am Mittwoch bereits das Almrefugio – hier wurde ebenfalls unter Federführung des Architekturbüros Berschneider + Berschneider ein ehemaliger Heustadel mit Kuhstall in ein Hotel mit ganz besonderes Atmosphäre umgewandelt. Weiterhin auf dem Programm stehen ein Betriebsbesuch bei der Firma Holzbau Rupprecht und beim Juradistl-Weiderindhalter Ochsenkühn in Tyrolsberg sowie die Besichtigung einiger traditioneller Scheunen rund um Neumarkt.
In der ersten Projekthälfte des auf zwei Jahre angelegten Projekts steht die Bildende Kunst im Vordergrund. Alle teilnehmenden Künstler*innen interpretieren das Bauwerk „Scheune“ mit der Sprache der zeitgenössischen Kunst neu und erschaffen ein Kunstwerk (Installation, Skulptur, etc.). Dadurch sollen die Künstler*innen ein Gefühl für die Architektur und die Baumaterialien der Scheunen gewinnen. In der zweiten Phase liegt der Fokus auf der Architektur. In Teams erarbeiten die Architekt*innen und Künstler*innen gemeinsam Umbauentwürfe für die Scheunen. Besonderer Wert wird dabei auf Funktionalität, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit gelegt, um auch weniger wohlhabenden ländlichen Familien eine realistische Alternative zu bieten, ein bestehendes Wirtschaftsgebäude in Kultur-, Wohn- oder Arbeitsräume umzuwandeln. Die Künstler*innen tragen mit kreativen und originellen Lösungen zum Erhalt und Wiederverwendung der bestehenden Baumaterialien zu den Planungen bei.